Report Rassismus: Der Ball ist rund, das Spiel hat 90 Minuten und die AfD bleibt rassistisch.

Woher kommt es eigentlich, dass erstens beim Fußball immer jeder glaubt, es besser zu können, zweitens bei einer Niederlage der deutschen Nationalmannschaft immer drollige Entschuldigungen gefunden werden und drittens die AfD einfach nicht aufhören kann, Fußballspieler ob ihres Migrationshintergrundes anzugreifen?

Der deutschen Fußballnationalmannschaft ist es nach dem Ergattern der Weltmeisterschaft 2014 bei der Europameisterschaft vor der 2:0 Niederlage im Halbfinale gegen die französische Gastgebermannschaft immerhin gelungen, 20 andere europäische Mannschaften hinter sich zu lassen, darunter die englische, die einst behauptete, England sei die Heimat des Fußballs und die italienische, die zuvor noch nie von einer deutschen Mannschaft in einer K.O.-Runde geschlagen worden war. Damit könnte man doch zufrieden sein als Fußball-Fan, oder nicht?

Die rechtsextreme Europa-Abgeordnete der sogenannten Alternative für Deutschland (AfD) sieht das offenbar anders. In einem (mittlerweile gelöschten) Tweet vom 07. Juli suggeriert sie wenig subtil, die deutsche Mannschaft hätte nur aufgrund des hohen Migrantenanteils verloren: „Vielleicht sollte nächstes mal dann wieder die deutsche NATIONALMANNSCHAFT spielen?“

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Der unselige Tweet ist mittlerweile gelöscht.

Man halte sich an dieser Stelle auch vor Augen, dass Frau von Storch nicht nur einen Posten im Europaparlament hat, den sie schon deshalb hassen muss, weil sie dort mit lauter Ausländern zusammen sitzen und über ein Europa verhandeln muss, welches die Rechtsextreme verabscheut, sondern auch stellvertretende Vorsitzende einer Partei ist, die erst vor wenigen Tagen einmal mehr die Öffentlichkeit davon überzeugen wollte, dass Antisemitismus nicht in ihre Mitte passe. Plumpe Xenophobie dagegen scheint weiterhin Voraussetzung dafür zu sein, einen Posten in der AfD zu bekommen. Und plumper als Frau von Storch kann man wohl kaum sein – völkische Stupidität selbstverständlich inklusive.

Sehr schnell bemerkte allerdings die Politikerin, dass ihre Einlassung nicht wirklich gut ankam, löschte den Tweet und publizierte auf ihrer Facebook-Seite eine Einlassung, die an Heuchelei kaum zu übertreffen ist:

„Was für ein Spiel. Was für ein Pech. Unsere Nationalmannschaft hätte das Weiterkommen verdient gehabt- nach ihrem besten Spiel der ganzen EM. Und: ich nenne sie weiter Nationalmannschaft. Denn das ist sie, mit allen ihren Spielern. Unsere Nationalmannschaft. Und wenn Bild & Co das Bedauern über den politisch korrekten, weil entnationalisierten Namen als rassistische Hetze abtut, dann ist denen nicht mehr zu helfen. Aber der Auflagenschwund bei solchen Blättern hat eben auch Gründe.“ – Beatrix von Storch als Reaktion auf die öffentliche Empörung, die ihrem nationalistischen Tweet folgte. Typisches AfD-Zurückrudern.

Dabei ist die geborene Herzogin von Oldenburg allerdings nicht die erste Funktionärin der Rechtspopulisten, die glaubt, es sei angebracht, die Mannschaft für ihren Multikulturalismus zu attackieren. Im Vorfeld der Europameisterschaft hatten auch Vize-Parteichef Alexander Gauland und Bundessprecherin Frauke Petry einzelne Spieler und die Mannschaft als Ganzes zu diskreditieren versucht. Während sich Gauland den  Innenverteidiger Jérôme Boateng aufgrund seiner Hautfarbe zum Opfer auserkor, bevorzugte Petry es, den Mittelfeldspieler Mesut Özil für das verfassungsmäßig freie Ausleben seines (muslimischen) Glaubens zu kritisieren, indem sie in eine Pilgerfahrt nach Mekka – die jeder Muslim einmal gemacht haben sollte – ein politisches Statement hinein interpretierte. Beide Politiker warfen der Mannschaft zudem vor „keine deutsche Mannschaft im eigentlichen Sinne“ mehr zu sein.

Zur Erinnerung noch einmal: Die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg spaltete sich (offiziell) aufgrund der pseudo-intellektuell antisemitischen Schriften des Abgeordneten Dr. Gedeon, stumpfer Antiislamismus, der sozialwissenschaftlich nur als Subform des Antisemitismus begriffen werden kann ist dagegen bis in die Führungsspitze verbreitet und erlaubt. Die AfD lebt eben als Partei von der rechtspopulistischen Provokation und der Aktivierung einer latenten „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“-Mentalität. Die Fußball-EM schien da genau die richtige Gelegenheit zu sein, ein wenig zusätzliche Publicity zu generieren, was glücklicherweise nach hinten los ging, denn so latent rassistisch der Durchschnittsdeutsche auch sein mag: Die Multi-Kulti-Mannschaft von Bundestrainer Jogi Löw ist Weltmeister, und mit Weltmeistern legt man sich nicht an!

Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam.
Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam. Frauke Petry kritisierte ihn für dieses Foto scharf.

Von Storch wird daher nicht die letzte AfD-Politikerin sein, die einen deutschen Fußballer mit Migrationshintergrund für unwürdig befindet für den deutschen Volksstaat zu spielen, Petry wird nicht die letzte Funktionärin sein, die eine Person des öffentlichen Lebens aufgrund ihrer Religion angreift und ganz sicher wird auch Dr. Gedeon nicht der letzte AfD-Abgeordnete sein, der den Holocaust verharmlost, schließlich muss man das rassistische, antisemitische und xenophobe Wahlklientel weiterhin unterhalten.

„Ich habe in meinem Leben mehr Zeit in Spanien als in der Türkei verbracht – bin ich dann ein deutsch-türkischer Spanier oder ein spanischer Deutsch-Türke? Warum denken wir immer so in Grenzen? Ich will als Fußballer gemessen werden – und Fußball ist international, das hat nichts mit den Wurzeln der Familie zu tun.“ – Mesut Özil

Fast genauso schlimm wie der rechtspopulistische Politisierungsversuch des Fußballtreibens war, das muss der Vollständigkeit halber gesagt werden, der Versuch der Grünen Jugend, all jenen ein schlechtes Gewissen einzureden, welche die schwarz-rot-goldene Bundesflagge zur WM flattern ließen. Ging übrigens auch nach hinten los.

Medien „verschweigen auffällig deutlich“ soziale Proteste in Frankreich – Fernsehkritiker Holger Kreymeier erhebt schwere Vorwürfe gegen Fernsehanstalten.

Hamburg. Der bekannte Hamburger Fernsehkritiker Holger Kreymeier erhebt erneut schwere Vorwürfe gegen die deutschen Fernsehanstalten. Diese verschwiegen „auffällig deutlich, dass in Frankreich derzeit unglaubliche Konflikte stattfinden auf den Straßen“, so Kreymeier in der 184ten Ausgabe seiner beliebten Websendung „FernsehkritikTV“ am vergangenen Freitag. Insbesondere die öffentlich-rechtlichen Televisionsanstalten kritisiert der überzeugte Rundfunkbeitragsverweigerer richtigerweise scharf: Diese kämen ihrem im Rundfunkstaatsvertrag definierten Auftrag nicht nach.

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Medienkritiker, Gebührenverweigerer und Grimmepreisträger Holger Kreymeier: Konflikte werden „auffällig deutlich“ verschwiegen!

Zwar seien bis zu 1 Million Menschen zum Protest gegen die schwerwiegenden Einschnitte in das französische Sozialsystem auf den Straßen gewesen, das deutsche Fernsehen zeige dies jedoch entweder überhaupt nicht, oder thematisierten die Proteste unzureichend.

Kreymeier zitierte in der Sendung auch die Vorsitzende der Linkspartei Katja Kipping, welche den Medien ebenfalls ein bewusstes Herunterspielen des Konfliktes vorgeworfen hatte. Teilweise seien die Zahlen der DemonstrantInnen von fast einer Million auf „einige tausend“ reduziert worden, wenn überhaupt eine Berichterstattung stattgefunden hätte. Angesichts dieser Art von Journalismus, so Kipping, müsse „man sich jedenfalls nicht wirklich wundern, wenn das Vertrauen in viele Medien als Institutionen der Gewaltenteilung schwindet“. Kreymeier betonte, dass obwohl hier still der „Lügenpresse“-Vorwurf mitschwingt, Kipping in diesem Falle recht habe.

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In der derzeitigen Fernsehberichterstattung werden Terrorgefahren, Morde, Hooligan-Krawalle und soziale Proteste undifferenziert zusammengeworfen. Dadurch kann der Eindruck eines Zusammenhangs entstehen.

In der Tat untertreibe das Fernsehen die Zahl „massiv“ und vermische den Protest gegen die Sozialreformen mit anderen Krawallen im Rahmen der UEFA Europameisterschaft, dadurch würde die Berichterstattung gefährlich undurchsichtig. Am konkreten Beispiel eines Beitrages aus dem ZDF „heute-Journal“ zeigte der Medienkritiker auf, wie im Kern berechtigte Demonstrationen mit Hooligan-Krawallen und dem Doppelmord an einem Polizistenpaar einfach in einen Topf geworfen und „zusammen gemixt“ wurden. Dadurch entstünde der Eindruck drei völlig unabhängige Situationen stünden in direktem Zusammenhang: „Diese Dinge finden zwar zeitgleich statt, aber trotzdem kann man sie doch nicht über einen Kamm scheren!“ Auch die Anmoderation des Moderators Claus Kleber, in welcher die Fußball-Europameisterschaft als friedliches Fußballfest den Protesten gegen den Sozialabbau als gewalttätige Krawalle gegenübergestellt wurden, kritisierte Kreymeier. Diese suggeriere eine mangelnde Rechtfertigung der Demonstrationen insbesondere in Anbetracht der Fußball-Europameisterschaft.

Tatsächlich bewerten wir das ähnlich, es ist insbesondere Aufgabe der öffentlich-rechtlichen, über politische und gesellschaftliche Entwicklungen zu berichten, sich dann im Fernsehen darüber auszulassen, dass im Kern gerechtfertigte, wenngleich teilweise in Gewalt ausartende Demonstrationen die Sportberichterstattung „stören“ ist nicht nur eine „Unverschämtheit“, wie der Fernsehkritiker sagte, es wird auch dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Televisionsanstalten nicht im geringsten gerecht. Man könnte sogar noch weiter gehen und fragen, warum die ARD und ZDF überhaupt in einem solchen Umfang über die Fußballspiele berichten sollten. Wäre es nicht eher ihre Aufgabe als Informations- und Meinungsbildungsmedien, gerade über die von der EM medial überschatteten Ereignisse zu berichten? Ist es sinnvoll viele Millionen Euro an Abgabengeldern in eine EM-Berichterstattung zu stecken, wo doch ein Privatsender genau so gut über das Sportereignis berichten könnte?

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Claus Kleber: „Es herrschte einigermaßen Ruhe in Lille und der Fußball stand tatsächlich im Vordergrund, die Zeiten sind leider so, dass man das mit Dankbarkeit registrieren muss.“ Die Worte klingen wie ein Vorwurf gegenüber den französischen Demonstranten, diese stöhlen dem „friedlichen Fußballfest“ die Aufmerksamkeit. Das Gegenteil ist der Fall!

Selbst wenn man gnädig ist und nicht von bewusster Verfälschung ausgeht, ist es unmöglich auch nur annähernd alle Aspekte der Unruhen in Frankreich abzudecken in einem dreiminütigen Nachrichtenbeitrag. Hierfür würden mehrstündige Fernsehdokumentationen benötigt. Zwar hätte eine Reportage über die Proteste in Frankreich natürlich quotenmäßig keine Chance im Vergleich mit einem Fußballspiel zu bestehen, aber gerade deswegen muss sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen trauen solche Beiträge zu liefern, bewusst als Kontrastprogramm zum „Wohlfühlfußball“, denn letztendlich haben unsere öffentlich finanzierten Sender keinen echten Quotendruck. Wenn sie also nicht über die relevantesten gesellschaftlichen Themen berichten und wenn sie kein quotenunabhängiges Programm liefern können, warum gibt es dann diese Sendeanstalten überhaupt noch? Ihren Auftrag jedenfalls erfüllen sie nicht! Aber vielleicht ist es ja doch, wie Katja Kipping sagte: Vielleicht hat man Angst, eine umfassende Berichterstattung über die sozialen Unruhen in Frankreich könnte auch in Deutschland den Funken des Protests entfachen, wäre schließlich nicht das erste mal, dass eine Revolution aus Frankreich herüber schwappt.

Kreymeier erhob weiterhin Vorwürfe, die Medien berichteten einseitig über die Hooligan-Ausschreitungen zwischen deutschen, englischen und russischen Hooligans. Zwar sei bekannt, dass gerade auch die englischen Hooligans „ganz schön heftige Typen“ und ebenso brutal wie die russischen Krawallmacher seien, stattdessen würden diese in der Berichterstattung teilweise sogar in die Opferrolle gerückt, wohingegen die russischen Krawallmacher als Aggressoren dargestellt würden. Dies sei eine anti-russisch tendenziöse Darstellungsweise so der Fernsehkritiker. „Propaganda will ich nicht sagen.“ Ein „völliger Unsinn“ sei es, dass englische Hooligans in irgendeiner Form besser seien als russische.

Russische Hooligans mit erbeuteter englischer Flagge: ZDF betreibt erneut tendenziöse Berichterstattung!
Russische Hooligans mit erbeuteter englischer Flagge: ZDF betreibt erneut tendenziöse Berichterstattung!

Auch hier ist Kreymeier zuzustimmen. Diese Art tendenziöser Berichterstattung gegen Russland lässt sich schon seit dem Beginn der Krimkrise beobachten, bisher nur bei politischen oder militärischen Themen, aber es scheint fast, als würden hier die französischen Krawalle zur Miniatur des Russland-NATO-Konflikts, eine weitere Möglichkeit auf perfide Art Russland als Aggressor und den Westen in Form unbescholtener englischer Staatsbürger als Opfer darzustellen. Kreymeier will von Propaganda nicht sprechen und sicher ist es heikel, die Schlussfolgerung zu ziehen es würde bewusst verfälscht, aber wenn hier nicht unterschwellig eine anti-russische Stimmung vermittelt werden sollte, welchen Sinn hätten dann derlei tendenziöse Beiträge?

Betreffend der Berichte über die Hooligan-Ausschreitungen am Rande der Fußball-EM sind noch zwei interessante Überlegungen anzustellen. Erstens gibt es Fotos und Videos auch von deutschen Hooligans in Frankreich, warum wird von denen eigentlich so wenig berichtet? Zweitens ist gibt es mittlerweile starke Hinweise darauf, dass einige der als „russische Hooligans“ bezeichneten Gewalttäter gar keine Russen, sondern ukrainische Rechtsradikale waren, warum wird dem in den Medien nicht nachgegangen? Natürlich lässt sich auch hier nur spekulieren, aber vielleicht würden eben einfach prügelnde deutsche und ukrainische Gewalttäter nicht ins zu vermittelnde Bild passen?

Die gesamte 184te Folge des Webmagazins „FernsehkritikTV“ sehen Sie hier.

Neuro-Wissenschaftler beweisen: Flagge zeigen kann tödliche Folgen haben.

Wir entschuldigen uns, denn wir hatten unrecht! In einem Artikel bezeichneten wir die Haltung der Rheinland-pfälzischen Grünen Jugend als elitaristisch und übertrieben, tatsächlich zeigte nun eine Studie der schwäbischen Universität für moderne Pseudowissenschaften in Freudenstadt (SUMPF) die tatsächlichen Gefahren, die von der deutschen Flagge ausgehen. Offenbar könnte diese verantwortlich gemacht werden für schwere gesundheitliche Schäden bei Fußballfans. Im Rahmen unserer Reihe „Fünf Fragen“ haben wir zu diesem Thema den Studienverantwortlichen Neuro-Wissenschaftler Professor Dr. Joachim Schnipp gesprochen.

Spartacus: Professor Schnipp, sie bezeichnen das Schwenken einer Flagge bei Fußballturnieren grundsätzlich als gefährlich, warum?
Professor Schnipp: Nun sehen sie Herr, äh, Dings, die Sache ist folgende, wenn sie mit so einer Flagge durch eine Menge laufen, dann könnten sie Leuten Augen ausstechen oder damit versehentlich Schädel-Hirn-Traumata auslösen, unsere Studie ergab, dass während der WM 2014 die Anzahl der durch Flaggen oder Fahnenmasten ausgelösten Unfälle um fast 2000% zunahmen.

Spartacus: Das klingt ja furchtbar, wie viele Unfälle dieser Art hat es denn gegeben?
Professor Schnipp: Insgesamt Zwölf.

Spartacus: Faszinierend. Ihre Studie hat aber außerdem ergeben, dass vor allem die Deutsche Flagge ein Gesundheitsrisiko birgt, dass nicht von der Hand zu weisen ist, welches ist das?
Professor Schnipp: Allerdings, Herr, äh, Dings, wir fanden heraus, dass genau die Farben schwarz, rot und gelb, wenn sie in dieser Reihenfolge auftreten und in der richtigen Frequenz geschwenkt werden unter bestimmten Umständen epileptische Anfälle auslösen können. Sofern Sie nämlich an der  sogenannten Nigrorubroauropathie, einer seltenen Missbildung des Paracortex leiden, kann Ihr Gehirn die Farbinformationen exakt dieser drei Farbtöne nicht schnell genug verarbeiten und verfällt in eine Art Informationsstau, Sie kennen das von Ihrem Drucker, wenn Sie zu dickes Papier einlegen.

Spartacus: Erschreckend. Wie oft kommt denn sowas vor?
Professor Schnipp: Oh, äh, bisher ist kein Fall belegt, aber prinzipiell wäre es möglich, die Grünen haben also völlig recht, wenn sie die deutsche Flagge verbieten wollen. Schließlich kann man nicht vorsichtig genug sein und immerhin haben wir berechnet, dass Nigrorubroauropathie statistisch gesehen bei einem von 40 Millionen Menschen vorkommt, statistisch gesehen ist also die EM für zwei Deutsche eine sichere Todesfalle!

Spartacus: Gibt es denn eine weniger schädliche Flagge, die man stattdessen schwenken könnte?
Professor Schnipp: In der Tat haben unsere Studien gezeigt, dass es in Ausnahmefällen bei vielen Farbkombinationen zu ähnlichen Problemen kommen könnte, als ungefährlich stufen wir einzig die Flagge der Isle of Man ein.

Spartacus: Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch Herr Professor Schnipp!

Ich find‘ Fußball Scheiße und die Deutsche Fahne trotzdem toll.

Alle zwei Jahre ist es so weit, zu jedem großen internationalen Turnier muss man sich als deutscher Fußballfan ernsthaft dafür rechtfertigen, dass man die schwarz-rot-goldene Flagge der Bundesrepublik hisst. Ich habe es da leicht, denn ich bin kein Fußballfan und einen Fahnenmast im Garten habe ich auch nicht. Hätte ich jedoch einen, dort flatterte im Wind das ganze Jahr die deutsche Trikolore. Nach Ansicht mancher Linker (insbesondere wohl der grünen Jugend) bin ich ein Patriot, nach Ansicht aller Linker (inklusive mir) ist Patriotismus eine Form des Nationalismus, des Ausschließens all derer, die nicht die gleiche Herkunft teilen.

Sicher haben die Kritiker des sogenannten Party-Patriotismus recht, wenn sie behaupten einige versteckten dahinter ihren latenten Nationalismus, ist deshalb aber ein Verteufeln der Bundesfarben nötig, die doch mittlerweile für so viel mehr stehen als nur den Nationalgedanken, waren sie doch die Farben der deutschen Revolutionen im 19ten Jahrhundert, ein Zeichen für die Gleichheit aller Klassen, Symbol für den Widerstand gegen die Aristokratie und den Wunsch nach einer Demokratie. Die Farben standen für das erlittene Leid, das vergossene Blut und das zu erreichende Ziel, das golden in der Ferne leuchtete. Über die Jahrhunderte luden sich die „Dreifarbene“ Flagge mit immer mehr Bedeutung auf, sie atmete den Wind der Geschichte, fing das Blut von Freiheitskämpfern und Revolutionären auf und hörte die Reden der Parlamentarier in der ersten deutschen Volksvertretung in der Frankfurter Paulskirche. Die Geschichte der Nationalflagge mag von Kriegen und Deutschtum geprägt sein, aber sie ist auch eine Geschichte der schrittweisen Republikwerdung unseres Landes, das heute soviel mehr ist als ein Nationalstaat, ein Staat der Nationen möchte ich sagen. Nicht ohne Hintergedanken schafften übrigens die Nationalsozialisten die Schwarz-rot-goldene wieder ab, stand sie in ihren Augen doch für die republikanischen Kräfte in der Weimarer Republik und damit geeignet der Nationalsozialistischen Propaganda entgegen zu wirken.

Heute leben wir in einem Deutschland, von dem der preisgekrönte Schriftsteller und Sohn iranischer Flüchtlinge, Navid Kermani, sagt, es sei das beste Deutschland, das es je gegeben habe. Die Nationalfarben stehen heute auch für unser Grundgesetz, dass unter der Prämisse von Frieden, Gleichheit und Weltoffenheit geschaffen wurde, die Nationalfarben stehen für die Überwindung der europäischen Teilung im kalten Krieg und für viele tausend Flüchtlinge, die sich jeden Tag auf den Weg nach Europa machen stehen die Nationalfarben auch für die Hoffnung auf ein bisschen Frieden, ein bisschen Freiheit und die Chance zu leben.

Nicht zuletzt steht die Nationalfahne derzeit auch für eine Fußballmannschaft, die schon durch ihre Zusammensetzung Weltoffenheit zeigt. Wenn die deutschen also mit den Bundesfarben wedeln, um eine pluralistische Mannschaft mit türkischen, polnischem, ghanaischem, albanischem, tunesischem und spanischem Migrationshintergrund in einem erstaunlich albernen sportlichen Wettkampf anzufeuern, wo ist das dann Nationalismus?

Symbole haben nie nur eine Bedeutung, jeder deutet sie mit seiner Vorgeschichte, seinen Erfahrungen und seinem persönlichen Hintergrund. Zu behaupten die Bundesfarben stünden einzig für die Ausgrenzung nicht-nationaler zeugt einmal mehr von linkem Elitarismus bei der grünen Jugend in Rheinland Pfalz. Übrigens sei den Grünen an dieser Stelle eines gesagt: Wer Wähler gewinnen will, sollte den Deutschen tunlichst nicht ihre drollige Begeisterung für Fußball nehmen wollen, der Fall Gauland und der damit verbundene Umfrageabsturz der AfD hat schließlich gezeigt, dass man als Politiker in Deutschland alles sagen kann, solange man nicht „die Mannschaft“ angreift. Womit ich nicht sagen will, die Hetzkampagne gegen die Grüne Jugend, welche derzeit im Web stattfindet sei gerechtfertigt, aber sie ist keinesfalls unprovoziert.

Mein Fazit deshalb: Hisst die Nationalfahne zum Fußballgucken, denkt beim Mitsingen der Nationalhymne eine Sekunde lang an darüber nach, wie weit wir gekommen sind in Sachen Demokratisierung und Weltoffenheit, trinkt ein Bier und lasst euch nicht von den Grünen sagen, ob ihr Nationalisten seid, dass müsst ihr schon selber wissen. 


Bei Spartacus vertreten wir übrigens die Theorie, dass unter bestimmten weiteren Umständen ein Sieg der deutschen Nationalelf zum Endsieg über die AfD führen kann, vielleicht sollten also die Grünen auch anfangen fleißig Fahnen zu wedeln.

Spartacus am Sonntagmorgen vom 05.06.2016 – Die Frühstückszeitung.

Zitat der Woche.

„Warum sollte man von mir verlangen, eine Uniform anzulegen und 10.000 Meilen von zu hause wegzugehen, um Bomben und Kugeln auf braune Menschen in Vietnam, während sogenannte Neger in Lousville wie Hunde behandelt werden und ihnen einfache Menschenrechte verweigert werden?“

Der verstorbene Boxer Muhammad Ali über seine Ablehnung des Vietnamkrieges und die Benachteiligung der schwarzen Bevölkerung in den Südstaaten der USA.


Leitartikel: Wie die Nationalmannschaft die AfD besiegen kann.

Die vergangene Woche hat gezeigt, dass unserer Nationalelf gelingen könnte, was den etablierten Parteien versagt bleibt. Dank ihrer unfassbaren Popularität könnte sie die rechtspopulistische AfD in die Knie zwingen. Als vergangene Woche die angeblichen Aussagen des AfD-Mannes Alexander Gauland über den Nationalspieler Jérôme Boateng bekannt wurden, prophezeiten wir bereits, dass diese Einlassungen der AfD schaden würden, denn so asyl- und globalisierungskritisch die Deutschen auch sein mögen, sie lieben ihren Fußball und sie lieben ihre Fußballhelden, einen Weltmeister beleidigen, nein das geht nun wirklich nicht! Und so verliert die AfD konsequenterweise diese Woche 2% in den Umfragewerten. Ähnlich wird es sich mit den Anfeindungen gegenüber Mesut Özil verhalten. Wessen Idee es auch war, die Popularität der Multi-Kulti-Mannschaft für die eigene politische Agenda einspannen zu wollen, dieser Schuss ging nach hinten los! Wenn nun Deutschland mit dieser Mannschaft noch Europameister würde und wenn sich dann die selbe  Mannschaft öffentlich und geschlossen gegen die AfD äußern würde, wäre es das jedenfalls gewesen mit den zweistelligen Umfragewerten für die Rechtspopulisten.


Wahlumfrage der Woche: AfD verliert, SPD und Grüne gewinnen.

Nach der aktuellen Emnid Umfrage zur Wahltendenz (Sonntagsfrage) würde die AfD heute auf 12% der Stimmen kommen, womit die rechte Partei um 2% absackte, wohingegen SPD und Grüne um je einen Prozentpunkt zulegen konnten. Ansonsten blieben die Ergebnisse unverändert gegenüber der Vorwoche: Die Linke käme auf 9% und wäre damit zweitschwächste Kraft im Parlament vor der FDP, die auf 6% käme. Stärkste Kraft bliebe dementsprechend die Union mit 33 Prozent.


Meldungen.

US-Wahlkampf: Clinton gewinnt Jungferninseln „Caucus“ mit überragender Mehrheit. Bis Dienstag wird der Vorwahlkampf der Demokraten noch andauern, dann wählt unter anderem Kalifornien, der bevölkerungsreichste Staat der USA. Unabhängig von den Ergebnissen gehen die US-Medien von einem Sieg für Hillary Clinton aus, da diese derzeit mehr sogenannte „Superdelegierte“ auf sich vereinen kann, wodurch Sanders in den wenigen übrigen Vorwahlen einen enormen Vorsprung bräuchte.

SPD Parteikonvent: Gabriel will die Sozialdemokraten wieder stärker nach links orientieren. Die SPD müsse „radikaler“ werden und Reformen künftig „grundsätzlicher anlegen“, sagte der SPD-Chef der Zeit. Der Parteikonvent tritt heute zusammen, er stellt das höchste Entscheidungsgremium der SPD zwischen den Parteitagen dar.

Rechtspopulismus: stellvertretender AfD-Vorsitzende Alexander Gauland provoziert weiter mit seinen Äußerungen, nennt Angela Merkel „Kanzler-Diktatorin“. Es sind Sprüche, wie man sie von der rechtsradikalen NPD kennt, die der AfD-Politiker Gauland dieser Tage ablässt: Bei einem gemeinsamen Auftritt mit seinem Parteifreund Björn „Bernd“ Höcke im brandenburgischen Elsterwerda am Donnerstagabend warf er der Bundesregierung nicht nur vor, eine Politik der eine Politik der menschlichen Überflutung zu betreiben, er vermutete sogar eine Verschwörung, deren Ziel es sei das deutsche Volk zu „ersetzen“. Während seiner Rede wiederholte er mehrfach die einstige NPD-Parole „Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land.“, den er von einem Zuschauerplakat ablas. Zu seinen Ausführungen in Bezug auf den Nationalspieler Jérôme Boateng meinte er, diese seien zutreffend, er habe jedoch ein schlechtes Beispiel gewählt. Schlecht vermutlich, weil sein Beispiel der Partei geschadet hatte.

Energiewende: Zur Schonung der Netze soll Deutschland in zwei „Windkraft-Zonen“ eingeteilt werden.

Die geplanten Windkraftzonen. (Quelle: Der Spiegel)
Die geplanten Windkraftzonen. (Quelle: Der Spiegel)

Nach Berichten des Spiegel einigten sich Bund und Länder diese Woche auf die Errichtung zweier Windkraft-Zonen, eine im Nordwesten der Bundesrepublik (Zone II) und einer flächenmäßig deutlich größeren, die den Rest Deutschlands abdeckt (Zone I), wobei in Zone I künftig das Gros an neuen Windkraftanlagen errichtet werden soll, um die Stromnetze zu entlasten. Die „Windkraft-Zonen“ sollen laut Spiegel Teil der Eckpunkte des künftigen Erneuerbare-Energien-Gesetzes sein, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel am kommenden Mittwoch im Kabinett vorstellen will.

Präsidentschaftswahl in Österreich: FPÖ will Ergebnis anfechten. Die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) will ihrem Vorsitzenden Heinz-Christian Strache zufolge die Bundespräsidentenwahl anfechten. Als Grund hierfür nennt er Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl. Derzeit würden Juristen diese Unregelmäßigkeiten bei der Wahl prüfen, und wenn sie bestätigt würden, „dann haben wir eine Verantwortung auch im Sinne der Demokratie, diese Wahl anzufechten“. Gleichzeitig stellt der Politiker das Briefwahlsystem generell in Frage, da es in der Vergangenheit schon häufiger Probleme mit diesem gegeben habe.


Artikel der Woche.

Kein Spartacus Artikel hat bisher so polarisiert, keiner hat soviel Interesse generiert, aber auch keiner hat (vor allem auf Twitter) zu so vielen Anfeindungen geführt, wie dieser, indem (durchaus provokant) die neue „Bürgerwehr-Bewegung“ mit der frühen SA verglichen wird:
Bürgerwehr heißt Deutschlands neue SA


Fernsehtipp der Woche: Iran, der Wille zur Großmacht.

Eindrucksvoll zeichnet der Dokumentarfilm von Jean-Michel Vecchiet die komplizierte politische Geschichte Irans im vergangenen Jahrhundert nach. Vorurteilsfrei wird vom Schicksal des iranischen Volkes zwischen Unterdrückung, Islamismus, Krieg und Atomkrise erzählt, ohne dabei zu versäumen die Verantwortung der westlichen Mächte darzulegen. Wenig bleibt übrig vom Schurkenstaat-Image Irans, wenn Sie diesen Film gesehen haben. Wussten Sie zum Beispiel, dass die iranische Führung die Anschläge des 11. September noch am selben Tag als „barbarisch und unislamisch“ Verurteilte und das hunderttausende Iraner öffentlich mit den USA trauerten, obwohl sie kurz darauf von Präsident Bush zum Teil der „Achse des Bösen“ erklärt wurden? Nein? Dann gucken sie diesen Film!

„Iran der Wille zur Großmacht“ läuft am 09. Juni und am 14. Juni jeweils ab 8:55 Uhr auf arte. Bis zum 30.07. kann er in der arte-Mediathek angeschaut werden.


Ahnung von Heinrich Heine.

Oben, wo die Sterne glühen,
Müssen uns die Freuden blühen,
Die uns unten sind versagt;
In des Todes kalten Armen
Kann das Leben erst erwarmen,
Und das Licht der Nacht enttagt.


Spartacus am Sonntagmorgen – Ihre Frühstückszeitung enthält redaktionell gesammelte Meldungen und Kommentare zu aktuellen Themen. Die Beiträge wurden generell nicht in erster Linie nach Wichtigkeit sortiert oder ausgewählt, wir bemühen uns stattdessen ihnen eine abwechslungsreiche und informative Lektüre zu Ihrem morgendlichen Marmeladenbrot, Croissant oder Müsli zu servieren. Guten Appetit.

Spartacus Five vom 04.06.2016

Spartacus Five bietet fünf redaktionell gesammelte Kurznachrichten des Tages, ausgewählt nach persönlichem Interesse.

Wirtschaft: Startverbot für Angela Merkels Helikopter nach Horror-Crash.
Die Europäische Luftaufsichtsbehörde EASA hat Startverbote für Airbus-Hubschrauber vom Typ „Super Puma“ erlassen. Weltweit sind über 800 Super-Puma-Modelle im Einsatz. In erster Linie werden die zweimotorigen Maschinen verwendet, um die Mannschaften von Öl- und Gasplattformen auszutauschen sowie im Such- und Rettungsbetrieb, aber auch die Bundeskanzlerin nutzt einen Helikopter der Super-Puma-Baureihe. Das europaweite Flugverbot wurde ausgerufen, als Folge eines tödlichen Unfalls in Norwegen. Im April hatte sich in gut 600 Meter Höhe der komplette Hauptrotor im Flug von einem der Helikopter gelöst. Alle 13 Insassen starben. Die norwegischen Ermittler gehen mittlerweile von Materialermüdung im Bereich des Getriebes aus. Die Baureihe hatte sich schon in der Vergangenheit als unzuverlässig gezeigt, so hatte sich bereits 2009 ein kompletter Rotor vom Rumpf eines Super-Puma gelöst, wodurch der Helikopter in die Nordsee stürzte und seine 16 Passagiere in den Tod riss.

Internationale Politik: Michelle Obama greift Donald Trump an.
„Wir geben uns nicht unseren Ängsten hin. Wir errichten keine Mauern, um Menschen draußen zu halten, weil wir wissen, dass unsere Größe auf den Beiträgen von Menschen beruht, die anderswo geboren wurden!“, Teilte die First Lady bei der Graduierungsfeier am City College in New York mit. Ein starker Satz, der nur als Seitenhieb für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump gedacht gewesen sein kann. Dessen populärste Forderung ist der Bau einer Mauer an der Mexikanischen Grenze.

Fußball: FIFA-Führung bereicherte sich offenbar massiv selbst.
Die FIFA-Korruptionsaffäre geht in die nächste Runde: Als Folge einer internen Untersuchung gaben nun die Anwälte des Fußball-Weltverbandes an, Ex-Präsident Joseph S. Blatter (Schweiz), der entlassene Generalsekretär Jerome Valcke (Frankreich) und der kürzlich ebenfalls entlassene Finanzchef Markus Kattner (Deutschland), hätten sich in der Vergangenheit illegal um bis zu 71 Millionen Euro. Unterdessen durchsuchten die Schweizer Ermittlungsbehörden im Zuge der Ermittlungen gegen Blatter erneut die Zentrale des Verbandes.

Terrorismus: IS wollte in Düsseldorf mit zehn Kämpfern zuschlagen.
Die Terror-Miliz „Islamischer Staat“ plante in Düsseldorf offenbar einen Anschlag von weit größerer Dimension als bislang bekannt, bis zu zehn Kämpfer sollten an dem Anschlag beteiligt werden, wobei sich zwei Selbstmordattentäter hätten in die Luft sprengen sollen, die übrigen Kämpfer sollten gleichzeitig in die Menge schießen. Vier mutmaßliche Terroristen waren am Donnerstag festgenommen worden. Von den Aussagen der Verdächtigen erhoffen sich die Ermittlungsbehörden weitere Erkenntnisse über IS-Aktivitäten in Europa.

Flüchtlinge: Konflikt über Finanzierung ist noch lange nicht geklärt.
Eine Lösung im Konflikt von Bund und Ländern über die Finanzierung der Flüchtlingskosten ist weiterhin nicht in Sicht. Die Länder stoßen mit ihrer Forderung, dass der Bund ihnen die Hälfte ihrer Kosten abnimmt, weitgehend auf Ablehnung. „Es kann nicht sein, dass beim einen die schwarze Null und beim anderen der schwarze Peter liegt“, sagte der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) mit Blick auf Schäubles Bundeshaushalt, der seit einigen Jahren ohne neue Schulden auskommt.

 

Meckern über Mekka – Warum Mesut Özils Religion Privatsache ist.

Als anti-patriotisches Signal attackiert die AfD Sachsen eine Pilgerfahrt des deutschen Nationalspielers Mesut Özil nach Mekka. Der beliebte Deutschtürke hofiere damit eine Ideologie, in der Ehrenmorde begangen und Frauen missachtet werden, in der „Christen und Juden nur Menschen zweiter Klasse“ seien, behauptet die sportpolitische Sprecherin der rechtspopulistischen Partei, vergisst dabei aber zu erwähnen, dass auch die AfD ein Frauenbild propagiert, das aus den Tiefen des vergangenen Jahrhunderts stammt (wo es besser auch geblieben wäre).

Die Debatte war aufgeflammt nachdem der Nationalspieler am 22. Mai ein Foto von sich in traditioneller muslimischer Pilgertracht vor Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam, auf facebook veröffentlicht hatte. „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ So steht es geschrieben in Artikel vier des deutschen Grundgesetzes, einem Artikel auf den die AfD offenkundig keinen feuchten Kehricht gibt! Und doch ist es kein Zufall, dass diese Norm relativ am Anfang unserer Verfassung steht, ist sie doch im Willen entstanden, die Gräuel des dritten Reiches mögen nie wieder auf deutschem Boden geschehen. Glaube und Religion sollten nie wieder der Grund für Ausgrenzung und Verfolgung sein. Jedem Menschen sollte es frei stehen, seine Religion ungestört auszuüben, unabhängig von Religion und Weltanschauung. Das Grundgesetz geht aber noch weiter: Es bezeichnet dieses Recht als unverletzlich. Die Väter des Grundgesetzes hielten also die Religionsfreiheit für ein besonders schützenswertes Grundrecht, das jedem Menschen zusteht. Auch ein Mesut Özil als prominenter Fußballspieler kann sich auf Artikel vier berufen, seine freie Religionsausübung ist sein unverletzliches Grundrecht.

Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam.
Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba in Mekka, dem Allerheiligsten im Islam. (Foto: Özils Facebook-Seite)

Wenn ein deutsch-türkischer Fußballspieler also, wie viele gläubige Muslime, nach Mekka pilgern möchte, dann darf er das! Wenn er wie viele Menschen heutzutage seine Erlebnisse in den sozialen Medien teilen möchte, dann darf er das auch! Punkt.

Dies als anti-patriotisches Signal zu deuten ist ebenso absurd wie bösartig, zeigt aber aufs Neue die Fähigkeit der AfD beinahe jede Figur des öffentlichen Lebens für ihre Propaganda zu missbrauchen, erfolgreich. So kurz vor der EM sind Fußballer selbstverständlich besonders interessant für die gut geölte PR-Maschinerie der Partei. Wer also davon glaubt, mit Jérôme Boateng und Mesut Özil seien nur zufällig innerhalb weniger Tage zwei Spieler der beliebten Multi-Kulti-Mannschaft ins Visier von AfD-Politikern geraten sind, der irrt. Im Gegenteil gelingt es der Partei meisterlich Großereignisse wie dieses für sich zu nutzen und es würde zumindest mich nicht wundern, wenn in den kommenden Wochen noch weitere Fußballspieler zu Opfern rechtsextremer Propaganda würden.

Allerdings bietet die lagerübergreifende Beliebtheit der deutschen Nationalelf einen Hoffnungsschimmer auf ein ultimatives Scheitern der AfD Propaganda. Zwar kann die Partei die EM als Publicity-Katalysator nutzen, aber sie könnte sich dabei auch die Finger verbrennen, wenn nämlich Millionen deutscher Fußballfans öffentlich die opportunistische Propaganda der Rechtspopulisten infrage stellen.

Letztendlich bleibt festzustellen: Religion ist Privatsache und mit Weltmeistern legt man sich auch als AfD besser nicht an.

Report Rassismus: Gauland will keinen „gemischtrassigen“ Nachbarn

Anmerkung zum vorliegenden Report: Es gibt Hinweise, dass die Kollegen von der FAS in diesem Falle unsauber gearbeitet haben, ob das betreffende Zitat so gefallen ist, ist als absolut unklar zu bewerten! Die Geschichte zeigt dennoch emblematisch die Rolle der AfD-Spitze im rassistischen Teil Deutschlands auf. Zumal durch Provokationen der Herren Gauland und Höcke ja durchaus ein großer Teil der Deutschen regelmäßig beleidigt und herab gewürdigt wird.

„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“

Mit diesen Worten wird Alexander Gauland von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) zitiert. Der in Berlin geborene Nationalspieler Jerome Boateng ist der Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters. Sowohl beim DFB als auch in Medien und Politik stieß die rassistische Stimmungsmache des stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Gauland auf geschlossene Ablehnung.

Die AfD bemüht sich derweil um Schadensbegrenzung, so wird behauptet, Gauland könne sich nicht an die Aussage erinnern. Er selbst leugnet die Aussage, er habe vielmehr die Einstellung einiger Menschen beschrieben. Über den Nationalspieler habe er sich nicht geäußert. Vorsichtshalber entschuldige man sich trotzdem.

„Ich habe nie, wie die FAS insinuiert, Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten.“ – Alexander Gauland über das FAS-Interview

Gauland, der dem populistischsten Flügel der AfD angehört, hatte sich in der Vergangenheit auch für eine enge Verbindung der Partei mit der fremden- und islamfeindlichen PEGIDA-Bewegung ausgesprochen. Sein Parteikollege Björn Höcke habe habe mit seinen Auftritten bei PEGIDA viele Menschen an die AfD gebunden. Auch am Parteiprogramm, das ausdrücklich den Islam als fremd in Deutschland bezeichnet, dürfte Gauland beteiligt gewesen sein. Xenophobie ist also kein Fremdwort für den Politiker.

Einmal mehr zeigt dieser Vorfall den systemischen Rassismus der AfD, der sich von der Parteibasis, die sich zumindest in Ostdeutschland oft in Personalunion mit der PEGIDA-Bewegung befindet, bis in die obere Parteiführung zieht. Das Schlimmste daran ist eigentlich, dass es der rechtspopulistischen Partei durch derlei provokante Aussagen gelingt langfristig in den Medien präsent zu sein, was durchaus gewollt sein könnte. Öffentlichkeit mit allen Mitteln, Provokation als Mittel zum Zweck.