Report Rassismus: Der Ball ist rund, das Spiel hat 90 Minuten und die AfD bleibt rassistisch.

Woher kommt es eigentlich, dass erstens beim Fußball immer jeder glaubt, es besser zu können, zweitens bei einer Niederlage der deutschen Nationalmannschaft immer drollige Entschuldigungen gefunden werden und drittens die AfD einfach nicht aufhören kann, Fußballspieler ob ihres Migrationshintergrundes anzugreifen?

Der deutschen Fußballnationalmannschaft ist es nach dem Ergattern der Weltmeisterschaft 2014 bei der Europameisterschaft vor der 2:0 Niederlage im Halbfinale gegen die französische Gastgebermannschaft immerhin gelungen, 20 andere europäische Mannschaften hinter sich zu lassen, darunter die englische, die einst behauptete, England sei die Heimat des Fußballs und die italienische, die zuvor noch nie von einer deutschen Mannschaft in einer K.O.-Runde geschlagen worden war. Damit könnte man doch zufrieden sein als Fußball-Fan, oder nicht?

Die rechtsextreme Europa-Abgeordnete der sogenannten Alternative für Deutschland (AfD) sieht das offenbar anders. In einem (mittlerweile gelöschten) Tweet vom 07. Juli suggeriert sie wenig subtil, die deutsche Mannschaft hätte nur aufgrund des hohen Migrantenanteils verloren: „Vielleicht sollte nächstes mal dann wieder die deutsche NATIONALMANNSCHAFT spielen?“

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Der unselige Tweet ist mittlerweile gelöscht.

Man halte sich an dieser Stelle auch vor Augen, dass Frau von Storch nicht nur einen Posten im Europaparlament hat, den sie schon deshalb hassen muss, weil sie dort mit lauter Ausländern zusammen sitzen und über ein Europa verhandeln muss, welches die Rechtsextreme verabscheut, sondern auch stellvertretende Vorsitzende einer Partei ist, die erst vor wenigen Tagen einmal mehr die Öffentlichkeit davon überzeugen wollte, dass Antisemitismus nicht in ihre Mitte passe. Plumpe Xenophobie dagegen scheint weiterhin Voraussetzung dafür zu sein, einen Posten in der AfD zu bekommen. Und plumper als Frau von Storch kann man wohl kaum sein – völkische Stupidität selbstverständlich inklusive.

Sehr schnell bemerkte allerdings die Politikerin, dass ihre Einlassung nicht wirklich gut ankam, löschte den Tweet und publizierte auf ihrer Facebook-Seite eine Einlassung, die an Heuchelei kaum zu übertreffen ist:

„Was für ein Spiel. Was für ein Pech. Unsere Nationalmannschaft hätte das Weiterkommen verdient gehabt- nach ihrem besten Spiel der ganzen EM. Und: ich nenne sie weiter Nationalmannschaft. Denn das ist sie, mit allen ihren Spielern. Unsere Nationalmannschaft. Und wenn Bild & Co das Bedauern über den politisch korrekten, weil entnationalisierten Namen als rassistische Hetze abtut, dann ist denen nicht mehr zu helfen. Aber der Auflagenschwund bei solchen Blättern hat eben auch Gründe.“ – Beatrix von Storch als Reaktion auf die öffentliche Empörung, die ihrem nationalistischen Tweet folgte. Typisches AfD-Zurückrudern.

Dabei ist die geborene Herzogin von Oldenburg allerdings nicht die erste Funktionärin der Rechtspopulisten, die glaubt, es sei angebracht, die Mannschaft für ihren Multikulturalismus zu attackieren. Im Vorfeld der Europameisterschaft hatten auch Vize-Parteichef Alexander Gauland und Bundessprecherin Frauke Petry einzelne Spieler und die Mannschaft als Ganzes zu diskreditieren versucht. Während sich Gauland den  Innenverteidiger Jérôme Boateng aufgrund seiner Hautfarbe zum Opfer auserkor, bevorzugte Petry es, den Mittelfeldspieler Mesut Özil für das verfassungsmäßig freie Ausleben seines (muslimischen) Glaubens zu kritisieren, indem sie in eine Pilgerfahrt nach Mekka – die jeder Muslim einmal gemacht haben sollte – ein politisches Statement hinein interpretierte. Beide Politiker warfen der Mannschaft zudem vor „keine deutsche Mannschaft im eigentlichen Sinne“ mehr zu sein.

Zur Erinnerung noch einmal: Die AfD-Fraktion in Baden-Württemberg spaltete sich (offiziell) aufgrund der pseudo-intellektuell antisemitischen Schriften des Abgeordneten Dr. Gedeon, stumpfer Antiislamismus, der sozialwissenschaftlich nur als Subform des Antisemitismus begriffen werden kann ist dagegen bis in die Führungsspitze verbreitet und erlaubt. Die AfD lebt eben als Partei von der rechtspopulistischen Provokation und der Aktivierung einer latenten „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“-Mentalität. Die Fußball-EM schien da genau die richtige Gelegenheit zu sein, ein wenig zusätzliche Publicity zu generieren, was glücklicherweise nach hinten los ging, denn so latent rassistisch der Durchschnittsdeutsche auch sein mag: Die Multi-Kulti-Mannschaft von Bundestrainer Jogi Löw ist Weltmeister, und mit Weltmeistern legt man sich nicht an!

Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam.
Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam. Frauke Petry kritisierte ihn für dieses Foto scharf.

Von Storch wird daher nicht die letzte AfD-Politikerin sein, die einen deutschen Fußballer mit Migrationshintergrund für unwürdig befindet für den deutschen Volksstaat zu spielen, Petry wird nicht die letzte Funktionärin sein, die eine Person des öffentlichen Lebens aufgrund ihrer Religion angreift und ganz sicher wird auch Dr. Gedeon nicht der letzte AfD-Abgeordnete sein, der den Holocaust verharmlost, schließlich muss man das rassistische, antisemitische und xenophobe Wahlklientel weiterhin unterhalten.

„Ich habe in meinem Leben mehr Zeit in Spanien als in der Türkei verbracht – bin ich dann ein deutsch-türkischer Spanier oder ein spanischer Deutsch-Türke? Warum denken wir immer so in Grenzen? Ich will als Fußballer gemessen werden – und Fußball ist international, das hat nichts mit den Wurzeln der Familie zu tun.“ – Mesut Özil

Fast genauso schlimm wie der rechtspopulistische Politisierungsversuch des Fußballtreibens war, das muss der Vollständigkeit halber gesagt werden, der Versuch der Grünen Jugend, all jenen ein schlechtes Gewissen einzureden, welche die schwarz-rot-goldene Bundesflagge zur WM flattern ließen. Ging übrigens auch nach hinten los.