Meckern über Mekka – Warum Mesut Özils Religion Privatsache ist.

Als anti-patriotisches Signal attackiert die AfD Sachsen eine Pilgerfahrt des deutschen Nationalspielers Mesut Özil nach Mekka. Der beliebte Deutschtürke hofiere damit eine Ideologie, in der Ehrenmorde begangen und Frauen missachtet werden, in der „Christen und Juden nur Menschen zweiter Klasse“ seien, behauptet die sportpolitische Sprecherin der rechtspopulistischen Partei, vergisst dabei aber zu erwähnen, dass auch die AfD ein Frauenbild propagiert, das aus den Tiefen des vergangenen Jahrhunderts stammt (wo es besser auch geblieben wäre).

Die Debatte war aufgeflammt nachdem der Nationalspieler am 22. Mai ein Foto von sich in traditioneller muslimischer Pilgertracht vor Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam, auf facebook veröffentlicht hatte. „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.“ So steht es geschrieben in Artikel vier des deutschen Grundgesetzes, einem Artikel auf den die AfD offenkundig keinen feuchten Kehricht gibt! Und doch ist es kein Zufall, dass diese Norm relativ am Anfang unserer Verfassung steht, ist sie doch im Willen entstanden, die Gräuel des dritten Reiches mögen nie wieder auf deutschem Boden geschehen. Glaube und Religion sollten nie wieder der Grund für Ausgrenzung und Verfolgung sein. Jedem Menschen sollte es frei stehen, seine Religion ungestört auszuüben, unabhängig von Religion und Weltanschauung. Das Grundgesetz geht aber noch weiter: Es bezeichnet dieses Recht als unverletzlich. Die Väter des Grundgesetzes hielten also die Religionsfreiheit für ein besonders schützenswertes Grundrecht, das jedem Menschen zusteht. Auch ein Mesut Özil als prominenter Fußballspieler kann sich auf Artikel vier berufen, seine freie Religionsausübung ist sein unverletzliches Grundrecht.

Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba, dem Allerheiligsten im Islam.
Nationalspieler Mesut Özil in traditioneller Pilgerkleidung vor der Kaaba in Mekka, dem Allerheiligsten im Islam. (Foto: Özils Facebook-Seite)

Wenn ein deutsch-türkischer Fußballspieler also, wie viele gläubige Muslime, nach Mekka pilgern möchte, dann darf er das! Wenn er wie viele Menschen heutzutage seine Erlebnisse in den sozialen Medien teilen möchte, dann darf er das auch! Punkt.

Dies als anti-patriotisches Signal zu deuten ist ebenso absurd wie bösartig, zeigt aber aufs Neue die Fähigkeit der AfD beinahe jede Figur des öffentlichen Lebens für ihre Propaganda zu missbrauchen, erfolgreich. So kurz vor der EM sind Fußballer selbstverständlich besonders interessant für die gut geölte PR-Maschinerie der Partei. Wer also davon glaubt, mit Jérôme Boateng und Mesut Özil seien nur zufällig innerhalb weniger Tage zwei Spieler der beliebten Multi-Kulti-Mannschaft ins Visier von AfD-Politikern geraten sind, der irrt. Im Gegenteil gelingt es der Partei meisterlich Großereignisse wie dieses für sich zu nutzen und es würde zumindest mich nicht wundern, wenn in den kommenden Wochen noch weitere Fußballspieler zu Opfern rechtsextremer Propaganda würden.

Allerdings bietet die lagerübergreifende Beliebtheit der deutschen Nationalelf einen Hoffnungsschimmer auf ein ultimatives Scheitern der AfD Propaganda. Zwar kann die Partei die EM als Publicity-Katalysator nutzen, aber sie könnte sich dabei auch die Finger verbrennen, wenn nämlich Millionen deutscher Fußballfans öffentlich die opportunistische Propaganda der Rechtspopulisten infrage stellen.

Letztendlich bleibt festzustellen: Religion ist Privatsache und mit Weltmeistern legt man sich auch als AfD besser nicht an.

Populismus statt Lösungen – Bundesparteitag der Linkspartei bleibt ergebnislos.

Magdeburg. Überschattet vom Angriff auf die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht, die von einer Aktivistengruppe aus Protest gegen ihre Äußerungen zur Flüchtlingskrise mit einer Torte beworfen wurde, blieb der Bundesparteitag der Linken ergebnislos. Große Reden wurden geschwungen gegen die SPD, gegen die AfD, gegen die Regierung, gegen Rassismus, gegen neoliberale Politik. Strategien? Fehlanzeige!

Gedämpfte Stimmung. Jubel nur für die wiedergekehrte Sahra Wagenknecht, Mitleidsapplaus für die Ansprache der unangefochtenen Parteivorsitzenden Katja Kipping, die doch aufstacheln, ermutigen sollte. Von Selbstkritik keine Spur im Führungskreis.

Trotz aller gegenseitigen Solidaritätsbekundungen ist die Partei sich so uneins wie eh und je, auf die drängenden Fragen konnten keine Antworten gefunden werden, die wichtigen Debatten blieben aus. Dabei hätte der Magdeburger Parteitag soviel mehr sein können, soviel mehr sein müssen: Es galt eine gemeinsame Linie in Sachen Flüchtlingskrise, Regierungsbeteiligung, Rechtstrend, […] zu finden.

Tortenanschlag überschattet Parteitag, "Opfer" Sahra Wagenknecht geht gestärkt daraus hervor.
Tortenanschlag überschattet Parteitag: „Opfer“ Sahra Wagenknecht geht gestärkt daraus hervor, Debatte bleibt aus.

Das Versagen der Linken bei den Landtagswahlen im März ist kaum Thema, ebenso wenig wie die massenhafte Abwanderung der Wählerschaft zur nationalkonservativen AfD. Große Worte wurden gegen diese AfD gefunden, aber keine Erklärung für das Phänomen. Auch für die Rückgewinnung der abgewanderten Wählerschaft konnte keine Strategie gefunden werden. Nur die alten, immer gleichen Parolen gegen Rassismus und Neoliberalismus wurden immer und immer wiedergekäut. Man ist sich einig: Die AfD ist das neue Schlechte. Völlig uneinig ist man sich im Umgang mit ihr.

Als die Thüringer Linken-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow redet, erschallen Buh-Rufe. Die Rot-rot-grüne Landesregierung um den linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow, einer der größten politischen Erfolge der Linkspartei, ist unbeliebt bei den Delegierten. Applaus bekommen dagegen jene Redner, die die reine Lehre hochhalten. Applaus gab es auch für jene, die SPD und Grüne ins Lager der politischen Gegner stecken und die damit einen politischen Wechsel 2017 nur noch unwahrscheinlicher machen. Es scheint als gingen die Parteitagsdelegationen mehrheitlich auf Abstand von SPD und Grünen, ein moderat linkes Lager, gar eine Regierungsbeteiligung scheint ausgeschlossen. Das aber macht die Linke umso weniger wählbar: Eine Partei die nicht regieren will, weil sie mehr um die Reinheit der sozialistischen Lehre als an tatsächlicher Veränderung interessiert ist, ist nicht attraktiv für die Wähler. Gregor Gysi pflegte regelmäßig zu sagen, die Größe der Schritte sei zweitrangig, solange sie nur in die richtige Richtung gingen, seine Partei müsse lernen Kompromisse einzugehen statt in roten Linien zu denken. von Kompromissen war auf dem Parteitag nichts zu hören, stattdessen wurden mehr rote Linien ausgelegt als je zuvor. Dabei ist Gysi gerade mal ein halbes Jahr „weg“.

Große Worte, aber keine Strategie: Der Linken fehlt ein einheitlicher Kurs.
Große Worte, keine Strategie: Der Linken fehlt ein einheitlicher Kurs.

Kompromisslosigkeit auch in den innerparteilichen Gräben, die Konflikte zwischen den verschiedenen Parteiströmungen drohen sich zuspitzen, echte Debatten bleiben aus. Eine gemeinsame Linie rückt damit in weite Ferne. Der nächste Parteitag wird voll und ganz im Zeichen des Wahlkampfes stehen, das vergangene Wochenende bot die letzte Chance für eine Versöhnung der Lager, die letzte Chance für Kompromisse. Die Linke ist eine pluralistische Partei. Vielfältige Strömungen und Auslegungen können den Parteikörper lebendig halten, sie bergen aber eben auch die Gefahr von internen Grabenkämpfen, welche die innere und äußere Einheit kompromittieren. Nun droht die Katastrophe 2017.

Führungsduo wiedergewählt: Riexinger und Kipping bleiben Doppelspitze der Partei.
Führungsduo wiedergewählt: Riexinger und Kipping bleiben Doppelspitze der Partei.

Am Ende des Magdeburger Parteitags zeigt sich die Linke geschlossen, und ist doch gespalten wie eh und je. Gewonnen hat nur eine: Sahra Wagenknecht geht gestärkt aus dem Parteitag hervor, ihre Position ist sicher wie nie, der süße Protest durch parteiexterne Aktivisten ließ eine Welle der Solidarität über sie hereinbrechen, die zu einem der Gründe wurde, weshalb über den Kern der Geschichte, die Flüchtlingskrise und die Haltung von Partei und Funktionären, nicht debattiert wurde.

Was vom Magdeburger Parteitag bleibt sind lauter vertane Chancen. Nach außen soll Einheit gezeigt werden, parteiinterne Kritik ist, vor allem öffentlich, nicht gern gesehen. Nichtsdestotrotz bleibt die Linke uneinig im Angesicht des Bundestagswahljahres 2017.

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Mehr zum „Tortenanschlag“ und seinen bedauerlichen Folgen für den Parteitag lesen Sie in der Weißweinkolumne.

 

 

Report Rassismus: Gauland will keinen „gemischtrassigen“ Nachbarn

Anmerkung zum vorliegenden Report: Es gibt Hinweise, dass die Kollegen von der FAS in diesem Falle unsauber gearbeitet haben, ob das betreffende Zitat so gefallen ist, ist als absolut unklar zu bewerten! Die Geschichte zeigt dennoch emblematisch die Rolle der AfD-Spitze im rassistischen Teil Deutschlands auf. Zumal durch Provokationen der Herren Gauland und Höcke ja durchaus ein großer Teil der Deutschen regelmäßig beleidigt und herab gewürdigt wird.

„Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“

Mit diesen Worten wird Alexander Gauland von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) zitiert. Der in Berlin geborene Nationalspieler Jerome Boateng ist der Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters. Sowohl beim DFB als auch in Medien und Politik stieß die rassistische Stimmungsmache des stellvertretenden AfD-Vorsitzenden Gauland auf geschlossene Ablehnung.

Die AfD bemüht sich derweil um Schadensbegrenzung, so wird behauptet, Gauland könne sich nicht an die Aussage erinnern. Er selbst leugnet die Aussage, er habe vielmehr die Einstellung einiger Menschen beschrieben. Über den Nationalspieler habe er sich nicht geäußert. Vorsichtshalber entschuldige man sich trotzdem.

„Ich habe nie, wie die FAS insinuiert, Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten.“ – Alexander Gauland über das FAS-Interview

Gauland, der dem populistischsten Flügel der AfD angehört, hatte sich in der Vergangenheit auch für eine enge Verbindung der Partei mit der fremden- und islamfeindlichen PEGIDA-Bewegung ausgesprochen. Sein Parteikollege Björn Höcke habe habe mit seinen Auftritten bei PEGIDA viele Menschen an die AfD gebunden. Auch am Parteiprogramm, das ausdrücklich den Islam als fremd in Deutschland bezeichnet, dürfte Gauland beteiligt gewesen sein. Xenophobie ist also kein Fremdwort für den Politiker.

Einmal mehr zeigt dieser Vorfall den systemischen Rassismus der AfD, der sich von der Parteibasis, die sich zumindest in Ostdeutschland oft in Personalunion mit der PEGIDA-Bewegung befindet, bis in die obere Parteiführung zieht. Das Schlimmste daran ist eigentlich, dass es der rechtspopulistischen Partei durch derlei provokante Aussagen gelingt langfristig in den Medien präsent zu sein, was durchaus gewollt sein könnte. Öffentlichkeit mit allen Mitteln, Provokation als Mittel zum Zweck.

Weißweinkolumne: Ein Tortenwurf ist kein Terroranschlag

Wild gestikulierend tritt Parteivorsitzender Bernd Riexinger nach minutenlanger Unterbrechung seiner Parteitagsrede wieder ans Rednerpult. Kurz zuvor hatte ein Unbekannter die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht mit einer Schokoladentorte beworfen. Der Parteitag ist außer sich, Riexinger auch. „Das ist keine Art des politischen Umgangs!,“ Behauptet er. Schallender Applaus der Delegierten für eine Falschaussage um der Rhetorik willen.

Selbstverständlich kann man die gewählte Methode für kulturell unangebracht halten, selbstverständlich kann man auch politisch mit den Aktivisten uneins sein, aber man kann nicht behaupten dies sei „keine Art“ des politischen Protests. Das Bewerfen von Politikern mit verhältnismäßig ungefährlichen Gegenständen wie Schuhen, Gemüse oder eben Backwaren hat im Gegenteil in einigen Kulturen durchaus politische Tradition.

Unvergessen ist zum Beispiel die Szene, in der US-Präsident George W. Bush sich gezwungen sah, den (beiden) Schuhen des irakischen Journalisten Muntadhar al-Zaidi auszuweichen. Dieser hatte sie aus Protest gegen den Irakkrieg als „irakischen Abschiedskuss“ auf den US-Präsidenten geworfen. Von vielen Kriegsgegnern wurde der Journalist gefeiert, das „Shoeing“ wurde gar zum Symbol für den Protest gegen den „schmutzigen“ Krieg im nahen Osten.

Zu behaupten dies sei keine Art des politischen Protests, und sei es auch nur aus rhetorischen Gründen, ist also nicht nur falsch, eine solche Aussage stellt auch die Aussagekraft einer solchen Geste in Abrede. Der Wurf eines Schuhs kann jedoch durchaus ein starkes Zeichen setzen, der Wurf einer Torte kann ein Medienecho erzeugen , dass die (unter Umständen gerechtfertigten) Forderungen einer kleinen Aktivistengruppe erst gehört werden lässt. Wenigstens das ist der sogenannten „antifaschistischen Initiative Torten gegen Menschenfeinde“ (So diese denn tatsächlich existiert) auch gelungen: Sie haben Aufmerksamkeit für ihre Position generiert. Frau Wagenknecht ist übrigens nicht die erste Politikerin, die mit einem süßen Anschlag bedacht wird: Bereits im Februar hatte es die islamkritische Beatrix von Storch (AfD) getroffen. Schlechte Gesellschaft.

Der Tortenanschlag bewirkte allerdings noch etwas anderes, etwas dass der Werfer sicher nicht beabsichtigt hat: Wo zuvor durchaus eine gewisse Unzufriedenheit mit der Asylpolitik der Frau Wagenknecht war, stand nun die geschlossene Solidarität der Partei, wo vorher Raum für die dringend notwendige Flüchtlingsdebatte war, stand nun die Abschottung der Partei nach außen. Der Parteikörper war ins Herz getroffen, war verwundet, durch eine Schokoladentorte. Souveränität Fehlanzeige, sowohl bei Frau Wagenknecht, als auch beim Parteivorstand. Die beiden Beteiligten wurden angezeigt (wegen Tortenschleuderns in der Öffentlichkeit?), Frau Wagenknecht von der Presse abgeschirmt aus dem Saal geleitet, später sollte sie die Aktion als saudämlich abtun, ohne weiter auf die eigentliche Kritik an ihrer Position einzugehen.

„Was während der Rede von Bernd passiert ist, das war nicht nur ein Angriff auf Sahra, das war ein Angriff auf uns alle.“ – Katja Kipping. Wo vorher Raum für innerparteiliche Kritik war, stand nun uneingeschränkte Solidarität.

Und das ist auch die eigentlich tragische Geschichte hinter der Tortenanschlagsmeldung: Die Linke ist in vielen Dingen eine aus dem innersten Kreis geführte Partei, Kritik von außen duldet sie nicht, man möchte die internen Probleme selber regeln, doch für den innerparteilichen Diskurs, für das gemeinsame Entwickeln einer klaren politischen Linie bleibt zwischen all der Verteidigung gegen Angriffe von außen kein Raum. Der Tortenwurf selbst ist eigentlich kaum eine Meldung wert (und schon gar keine Strafanzeige), seine Folgen für den Parteitag und die weiterhin unklare Linie der Linkspartei machen ihn jedoch zum Symbol der Zerrissenheit innerhalb der politischen Linken in Deutschland.

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In eigener Sache: Das SpartacusTV Kanalintro

Schlicht ist es geworden, einfach, ruhig: Das SpartacusTV Kanalintro. Ruhige Musik hinterlegt eine sich langsam drehende Weltkugel, mit nur wenigen Worten (unserem Slogan) stellen wir uns der Youtube-Gemeinde vor.

SpartacusTV – News & Stories online
Demnächst auf Youtube. Unbestechlich. Demokratisch. Progressiv.

 

5 bemerkenswerte Fakten zu Schildkröten

Der 23. Mai ist „Weltschildkrötentag“ (World Turtle Day). Eingeführt wurde der Tag im Jahr 2000 durch die amerikanische NGO American Tortoise Rescue mit dem Ziel Aufmerksamkeit, Interesse und Respekt für die Belange der Schildkröten zu generieren, um diese besser schützen zu können. Spartacus feiert den Weltschildkrötentag mit 5 bemerkenswerten Fakten über Schildkröten.

  1. Eine Schildkröte trägt die Welt auf dem Rücken.

    Scheibenwelt
    Terry Pratchetts Scheibenwelt wird von der Schildkröte Groß A’Tuin getragen.

    (Jedenfalls in den humorösen Fantasy-Romanen von Terry Pratchett) In seinen Scheibenwelt Romanen ruht die flache Welt, in der seine Geschichten spielen auf dem Rücken von vier Elefanten (Berilia, Tubul, Groß-T’Phon und Jerakeen), die wiederum auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte namens Groß A’Tuin stehen. Der englische Autor nimmt dabei Bezug auf verschiedene asiatische Mythen, welche die Welt als eine flache Insel beschreiben, die auf dem Rücken einer Schildkröte ruht.

  2. Bei Galapagos-Riesenschildkröten kommt es nur auf die Länge an.

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    Galapagos Riesenschildkröten werden auch Elefantenschildkröten genannt.

    Die männlichen Galapagos-Riesenschildkröten tragen ihre Kämpfe um Revier und Weibchen aus, indem sie ihre Hälse hoch in die Luft strecken. Wer am höchsten kommt hat gewonnen. Daran könnten sich Menschen mal ein Beispiel nehmen, die Welt wäre so viel friedlicher.

  3. Die älteste bekannte Schildkröte wurde (vermutlich) 256 Jahre alt.

    Seychellen-Schildkröte
    Sprichwörtlich ist mittlerweile die Langlebigkeit der Schildkröten.

    Altersangaben von Schildkröten sind oft nur ungenau, da sie bei Wildfängen meist auf Schätzungen beruhen. Nicht nur als älteste Schildkröte sondern auch als ältestes bekanntes Tier überhaupt galt das im März 2006 mit geschätzten 256 Jahren verstorbene Aldabra-Riesenschildkrötenmännchen Adwaita (der Einzigartige), das im Zoo von Kalkutta in Indien lebte. Allerdings beanspruchten auch andere Zoos für sich, die älteste Schildkröte zu besitzen, so wurde im April 2006 behauptet, Samir, die Schildkröte des letzten ägyptischen Königs Faruq I. sei nach einem langen Leben von 270 Jahren verstorben. Dies darf jedoch angezweifelt werden, auch weil alle paar Jahre wieder eine Todesmeldung der Schildkröte auftaucht. Laut der britischen Zeitung Independent starb Samir bereits 1998 im Alter von „nur“ 80 Jahren.

  4. Lederschildkröten sind Rekordschildkröten.

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    Lederschildkröten legen Strecken von vielen tausend Kilometern zurück.

    Die größte rezente Schildkrötenart ist die Lederschildkröte (Dermochelys coriacea), eine Meeresschildkröte, sie ist zugleich mit einer Schwimmgeschwindigkeit von bis zu 35km/h auch die schnellste Schildkröte. Von allen Schildkrötenarten kann sie vermutlich am tiefsten tauchen und hat die größten Reviere, sie ist die einzige Schildkrötenart, die auch hin und wieder in der Nordsee gesichtet wird. Selbst in Schottland und Norwegen wurden schon Exemplare gesichtet und fotografiert. Lederschildkröten legen jährlich gewaltige Strecken zurück, nicht selten wandern sie im Sommer bis zu 5000 Kilometer in gemäßigte Gewässer und im Herbst wieder zurück. Bei einer 2012 an der französischen Küste aufgefundenen Lederschildkröte konnte aufgrund einer Markierung nachgewiesen werden, dass diese aus dem 7000 Kilometer entfernten Trinidad und Tobago gekommen war.

  5. Die Bruttemperatur bestimmt das Geschlecht.

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    Bei „Suppenschildkröten“ bestimmt die Bruttemperatur das Geschlecht.

    Bei den meisten Schildkröten bestimmt die Temperatur in einer bestimmten Phase der Brut das Geschlecht der Jungtiere. Diese thermosensitive Phase liegt im mittleren Drittel der embryonalen Entwicklung und ist auf das Enzym Aromatase zurückzuführen. Sie wandelt das männliche Geschlechtshormon Testosteron in das weibliche Geschlechtshormon Östrogen um. Bei höheren Temperaturen ist das Enzym stärker aktiv, wodurch bei höheren Temperaturen tendenziell mehr Weibchen entstehen. Diese sogenannte Temperaturabhängige Geschlechtsbestimmung kommt auch bei Krokodilen und Eidechsen vor.

Schildkröten sind faszinierende Geschöpfe, die es zu schützen und zu bewahren lohnt, gerade durch menschliche Aktivität (Bejagung, Überfischung, Meeresverschmutzung, Tourismus, …) sind jedoch viele der über 340 Arten akut vom Aussterben bedroht.

 

Zwei Giftmischer tun sich zusammen: Bayer will Monsanto übernehmen.

St. Louis (Missouri, USA)/ Leverkusen. Der deutsche Chemiekonzern Bayer plant die Übernahme des umstrittenen Glyphosat-Herstellers Monsanto und ist bereit dafür tief in die Tasche zu greifen. 122 US-Dollar pro Aktie bietet Bayer den Aktionären, als „erhebliche Prämie für die Monsanto-Aktionäre“ wird dies verkauft, und tatsächlich liegt der derzeitige Aktienkurs mit 101,52 US-Dollar um fast 16,8% niedriger, als das Angebot des Leverkusener Unternehmens. Insgesamt ergäbe sich für Bayer ein Kaufpreis von 55 Milliarden Euro. Übernahmegespräche wurden schon am vergangenen Donnerstag von beiden Seiten bestätigt. Zuvor waren auch Gerüchte von einem Übernahmeangebot durch BASF laut geworden. Man sehe eine Chance zum weltweit führenden Unternehmen der Agrarwirtschaft zu werden, begründet Bayer sein Interesse am umstrittenen Saatgut- und Agrarchemiekonzern.

Gerade in Deutschland steht der US-Konzern wegen seiner Geschäftspraktiken, seines aggressiven Lobbyismus und seiner umstrittenen Produkte regelmäßig in der Kritik. Insbesondere der Vertrieb des stark umweltschädigenden und laut WHO potentiell krebserregenden Breitbandherbizids „Roundup“ (Wirkstoff: Glyphosat) brachte dem amerikanischen Unternehmen regelmäßig negative Schlagzeilen ein. Allein 4,8 Milliarden US-Dollar setzte Monsanto im vergangenen Jahr an Glyphosat um, fast ein Drittel des Gesamtumsatzes von 15 Milliarden US-Dollar. Kein anderes Unternehmen der Welt hat dabei völlig zu Recht ein so miserables Image wie Monsanto. Zwar ist der amerikanische Agrarkonzern nicht der einzige, der das Unkrautbekämpfungsmittel herstellt (allein in China gibt es 53 Hersteller, weltweit mindestens 90) , allerdings wurde er aufgrund seiner aggressiven Pro-Glyphosat Lobbyarbeit für viele Umweltschützer zum Symbol für Korruption in der Agrarwirtschaft. Kein anderes Unternehmen der Welt hat völlig zu Recht ein so miserables Image wie Monsanto.

Derzeit steht in der EU eine Entscheidung zur Weiterzulassung von Glyphosat aus. Zwar tendieren mittlerweile auch zahlreiche Politiker wie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) zum Glyphosat-Verbot, jedoch ist nach derzeitigem Stand eine Wiederzulassung bis 2025 überaus wahrscheinlich. Wobei zu bemerken ist, dass sich in Deutschland vor allem Politiker der Unionsparteien, welche (wie es der Zufall will) regelmäßig mit Spenden der Chemiebranche bedacht werden, für das Herbizid stark machen.

„Dass Glyphosat negative Auswirkungen auf die Umwelt hat, ist nachgewiesen. Das muss bei der Zulassung umfassend berücksichtigt werden“ – Barbara Hendricks (Bundesumweltministerin)

Kritisiert wird aber auch der Umgang mit gentechnisch verändertem Saatgut, welches in den USA, aber auch in zahlreichen Entwicklungsländern auf den Markt geworfen wurde, ohne zuvor zuverlässige Studien über den Umwelteinfluss dieser Saaten anzufertigen, so wird genmanipulierter Mais beispielsweise von einigen Wissenschaftlern als ein Grund für das Bienensterben angegeben.

Bayer reagiert auf Kritik an der potentiellen Tochtergesellschaft mit gelassenen Lippenbekenntnissen:

„Als Bayer fühlen wir uns verpflichtet, durch eine nachhaltige Landwirtschaft die weltweite Versorgung einer wachsenden Weltbevölkerung mit gesunden, sicheren und bezahlbaren Lebensmitteln zu ermöglichen“

Ähnlich argumentiert übrigens Monsanto ebenfalls regelmäßig. Man versuche doch nur Wege zu finden die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren, dafür seien nun mal Pflanzenschutzmittel und ertragreichere Sorten notwendig. Die Wahrheit? Beide Konzernspitzen scheinen Umwelt und Menschen einen Dreck zu scheren, letztlich zählt für sie nur der Profit! Wer die Bevölkerung in Entwicklungsländern ernähren will, der versucht nicht ihnen genmanipuliertes, nicht samenechtes Saatgut zu verkaufen, statt mit konventioneller Zucht ertragreiche, nachhaltige, resistente Sorten zu züchten. Wem sichere Lebensmittel und eine nachhaltige Landwirtschaft am Herzen liegt, der pumpt keine krebserregenden Breitbandherbizide in den Boden.

Letztlich zählt im Kapitalismus immer nur der Profit, deshalb ist auch die Übernahme von Monsanto durch Bayer überaus wahrscheinlich: Einerseits kommt Bayer damit anderen Konkurrenten voraus, andererseits lassen sich aufgrund ähnlicher Produktpaletten Synergieeffekte erziehlen, die dem deutschen Konzern vor allem in Amerika einen Vorteil verschaffen können.

Drei kurze, lose mit dem eigentlichen Thema verknüpfte Gedanken zum Schluss:

  1. Wenn Sie einen Schnupfen haben, wird ihr Hausarzt ihnen zunächst niemals das aggressivste Breitbandantibiotikum verschreiben, das gleiche sollte auch für Pflanzenschutzmittel gelten, solange es andere Mittel gibt, sollte kein aggressives Breitbandherbizid eingesetzt werden. Bauernverbände setzen sich jedoch genau dafür ein. Die Chemie-Lobby ist allgegenwärtig!
  2. Bei etwa 3% der stichprobenhaft geprüften Pflanzenerzeugnisse aus konventioneller Landwirtschaft wurden im vergangenen Jahr Glyphosatrückstände nachgewiesen, die deutlich über den gesetzlichen Grenzwerten lagen. Guten Appetit!
  3. Auch in 14 verschiedenen Bieren konnte Glyphosat, teilweise in erheblichen Mengen nachgewiesen werden. Auf das deutsche Reinheitsgebot, zum Wohl!