Regelmäßig wird Spartacus von pro-amerikanischen Kräften vorgeworfen einseitig zugunsten Russlands zu berichten (zugegeben: von russlandfreundlicher Seite wird uns ebenso oft das Gegenteil vorgeworfen). Dem liegt ein fundamentales Missverständnis dessen zu Grunde, wie wir unsere politische Mission verstehen: Höchstes Gut einer zivilisierten Gesellschaft ist der Frieden, diesen zu bewahren und zu schützen ist Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft, unsere Aufgabe ist es, zu zeigen inwieweit die Staatengemeinschaft, einzelne Staaten oder Individuen darin versagen. Wir sind weder pro-russisch noch pro-amerikanisch eingestellt, wir sind pro-friedlich!
Es steht außer Frage, dass die Annexion der Krim durch russische Truppen sowie die Aktionen russischer Paramilitärs in der Ostukraine völkerrechtswidrig waren. Ebenso klar sind die zahlreichen Provokationen des russischen Militärs gegen seine westlichen Nachbarn abzulehnen! Ein unerlaubtes Eindringen in den Luftraum oder die Hoheitsgewässer eines anderen Staates bedroht den Frieden und kann als kriegerischer Akt interpretiert werden. Selbiges gilt allerdings für die Aktionen der NATO im nahen Osten: Insbesondere die jüngsten Militäroperationen in Libyen und Syrien stehen nicht auf völkerrechtlicher Grundlage, von den Kriegen im Irak und in Afghanistan sowie der blinden Unterstützung israelischer Völkerrechtsbrüche ganz zu schweigen.
Derzeit scheint jedoch eine mögliche Kriegsgefahr eher vom Westen als von Russland auszugehen. Diese Behauptung ist schon wieder pro-russisch und unhaltbar? Nun wenn dem so ist, ist wohl der Ausrichter der „Münchner Sicherheitskonferenz“, Wolfgang Ischinger ebenfalls als „Russenfreund“ zu betrachten, dieser war es nämlich, der am Donnerstag im NDR sagte, die derzeitige Politik der NATO stelle eine Gefahr für den Frieden dar. Wenn selbst der Ausrichter einer jährlichen internationalen Konferenz von Militärs und Sicherheitspolitikern zu diesem Schluss kommt, kann doch unmöglich die NATO ihren derzeitigen Provokationskurs beibehalten, oder? Immerhin gehört der Spitzendiplomat Ischinger zu ihren liebsten außenpolitischen Beratern.

Ischinger sagte dem NDR, Die transatlantische Verteidigungsallianz solle gegen Russland „nicht draufsatteln, sondern mäßigen“. Die Gefahr, dass aus „Eskalationsschritten militärische Kampfhandlungen“ werden, sei „größer denn je“, größer sogar als zu Hochzeiten des kalten Krieges! Auf dieser Seite wurde mehrfach darauf verwiesen, dass wir tatsächliche Kriegshandlungen in Osteuropa für unwahrscheinlich halten, da dies wirtschaftlichen Interessen des internationalen Großkapitals entgegenwirken würde, gleichzeitig sei gesagt, dass die europäische und amerikanische Waffenindustrie essentiell von globaler Kriegsangst und militärisch-politischer Spannung profitiert.
Große Teile der Aggressionsstrategie der NATO wurden zuvor hinter verschlossenen Türen und ganz inoffiziell auf der unter Friedensforschern umstrittenen „Münchner Sicherheitskonferenz“ verhandelt und verkündet. Der Diplomatentreff dient regelmäßig dazu, die Grenzen der Provokationspolitik auszutesten. Wenn nun ausgerechnet der Leiter dieser militaristischen Institution die Grenze der Provokation überschritten sieht, hat das durchaus Gewicht, und so kommt es, dass insbesondere aus dem SPD-Lager der Bundesregierung zunehmend vorsichtige NATO-Kritik zu hören ist. Für Furore sorgten insbesondere die Äußerungen des Außenministers Frank-Walter Steinmeier, der in Bezug auf das osteuropäische NATO-Manöver „Saber Strike“ (zu deutsch: Säbelstreich) meinte, „lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul“, heizten die ohnehin kritische Lage weiter an. Von Seiten des konservativen Koalionspartners, aber auch von den Grünen, die doch einst ihre Mitglieder aus der Friedensbewegung rekrutierten, wurde der Außenminister scharf kritisiert für diese zurückhaltende Kritik, Linke dagegen applaudierten ihm etwas zu enthusiastisch. Nur einen Tag später wischte dann Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Wirtschaftstag der CDU den kurzen Moment friedenspolitischer Vernunft in der deutschen Außenpolitik wieder fort mit der Einlassung, die Bundesrepublik müsse mehr in militärische Ausgaben investieren, auch aufgrund der Verflechtung in der NATO.
Neutralität ist uns nicht möglich, wenn die Zeichen so eindeutig sind, dass Aggression und Kriegsgefahr dieser Tage vom westlichen Bündnis ausgehen. Wer aus wirtschaftlichem Kalkül einen Krieg in Kauf nimmt, der verdient es hin und wieder offen kritisiert zu werden, und wenn uns ausgerechnet ein konservativer Spitzendiplomat in dieser Haltung recht gibt, umso besser, denn vielleicht ist ja Kritik aus dem eigenen politischen Lager wirksamer als die unsere.
2 Gedanken zu „Kriegsgefahr größer denn je! – Ausrichter der Münchner Sicherheitskonferenz warnt: Provokationen der NATO könnten zu Kampfhandlungen führen!“