Fünf Fragen an Gregor Gysi: Ein guter Bundespräsident muss unabhängig von der Bundesregierung sein.

Berlin. Gregor Gysi gehört zu den populärsten und unterhaltsamsten Geistern im Deutschen Bundestag, zu seinen großen Stärken zählt es komplexe politische Vorgänge einfach darzulegen. Er selbst sagt von sich, sein größter Vorteil sei es, dass er mit „jedem“ reden könne, von links bis rechts, vom Großunternehmer bis zur Alleinerziehenden. Es ist also wenig überraschend, dass einige Wähler gerne einen Bundespräsidenten Gysi sehen würden. In einem Kurzinterview haben wir den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Linksfraktion deshalb gefragt, was er von der derzeitigen Debatte um die Gauck-Nachfolge hält, und ob er dahingehende Ambitionen hegt.

Spartacus: Guten Tag Herr Gysi, in den letzten Tagen wurden immer wieder Gerüchte laut, Bundespräsident Gauck strebe keine zweite Amtszeit an. Verschiedenen Quellen zufolge werde er dies am Dienstag bekannt geben. Was macht nach Ihrer Auffassung einen guten Bundespräsidenten in der heutigen Zeit aus?
Gregor Gysi:
Eine gute Bundespräsidentin oder ein guter Bundespräsident müsste sozialliberal eingestellt sein, zu Gunsten der Schwachen in der Gesellschaft sprechen, sehr unabhängig wirken, auch von der Bundesregierung.

Spartacus: Inwieweit unterstützen Sie Vorstöße für einen rot-rot-grünen Präsidentschaftskandidaten?
Gregor Gysi: Ich glaube, dass eine gemeinsame Kandidatin bzw. ein gemeinsamer Kandidat der SPD, der Grünen und von uns ein wichtiges Zeichen auch für einen Politikwechsel setzte.

Spartacus: Wie ist Ihre Haltung zur Bundesversammlung? In der Vergangenheit gab es immer wieder radikal demokratische Vorstöße, welche diese als „undemokratisch“ bezeichneten und forderten, den Bundespräsidenten ähnlich wie in Frankreich oder Österreich direkt zu wählen.
Gregor Gysi: Die Bundesversammlung ist für mich nicht undemokratisch, aber ich meine generell, dass wir die repräsentative Demokratie durch Volksentscheide ergänzen müssen. Allerdings ist die Wahl des Bundespräsidenten deshalb schwer, weil er kaum Entscheidungsmöglichkeiten hat. Dann würde es sich eher lohnen, die Kanzlerin bzw. den Kanzler direkt zu wählen.

Spartacus: Braucht Deutschland in der heutigen Zeit überhaupt einen Bundespräsidenten?
Gregor Gysi: Jeder Staat muss über ein Staatsoberhaupt verfügen, das verlangt auch das Völkerrecht. Staatsoberhaupte sind für die Ernennung  und Abberufung vieler Persönlichkeiten zuständig. Botschafter vertreten im Ausland immer das Staatsoberhaupt. Also denke ich schon, dass wir eine gute Bundespräsidentin bzw. einen guten Bundespräsidenten benötigen.

Spartacus: Wenn man Sie bitten würde zu kandidieren, würden Sie es machen?
Gregor Gysi: Nein, das würde ich nicht machen, weil ich kein präsidialer Typ bin. Ich bin eher für die Auseinandersetzungen, für den Streit, für die Exekutive geeignet.

Spartacus: Vielen Dank Herr Gysi!

Einen Präsidenten Gysi wird es also nicht geben, aber mit Gysi spricht sich hier ein weiterer linker Spitzenpolitiker für die Aufstellung eines rot-rot-grünen Kandidaten aus. SPD und Grüne wären nun am Zug darauf zu antworten, wenn Gabriel es ernst meint mit dem politischen Aufbruch, dann sollte er jedenfalls darauf eingehen.


Anmerkung des Redakteurs: Ich habe früher schon gesagt, man mag von Gysi halten, was man will, aber er ist einer der ganz wenigen Spitzenpolitiker, die sich auch für ein so kleines Politmagazin wie SpartacusTV.org ein paar Minuten Zeit nehmen.

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